Umweltkriterien werden noch zentraler in öffentlichen Ausschreibungen in Norwegen – Wie können Bauunternehmer sich darauf einstellen?

Die norwegische Regierung hat vor Kurzem Änderungen der Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe angekündigt. Von öffentlichen Auftraggebern wird verlangt, Klima- und Umweltaspekten bei der Auftragsvergabe deutlich mehr Bedeutung beizumessen. Dies dürfte Bauunternehmer vor Herausforderungen stellen, bietet aber auch Chancen, über neue Schwerpunktsetzungen Aufträge zu erlangen. Welche Schritte sollten Bauunternehmer jetzt einleiten, um sich auf die am 1. Januar 2024 in Kraft tretenden Änderungen einzustellen?

Die wichtigste Änderung am Regelwerk ist die neue Betonung von Klima- und Umweltaspekten. Von nun an müssen öffentliche Auftraggeber Zuschlagskriterien angeben, bei denen diese Erwägungen mit mindestens 30 Prozent gewichtet werden.

Darüber hinaus müssen, wenn Zuschlagskriterien in der Reihenfolge ihrer Priorität angegeben werden, Klima- und Umwelterwägungen zu den drei am höchsten gewichteten Zuschlagskriterien gehören.

Von diesen Regeln kann abgewichen werden, indem als Alternative zur prozentualen Gewichtung von Klima- und Umwelterwägungen, in der Leistungsbeschreibung des Auftrags spezifische Klima- und Umweltanforderungen festgelegt werden. Dies gilt jedoch nur, wenn ein derartiges Vorgehen beweisbar zu einer besseren Umweltwirkung bei Ausführung des Projekts führt.

Umwelt und Nachhaltigkeit als Zuschlagskriterium

Die Vergabebehörden stehen künftig vor der Herausforderung, präzise und genaue Umweltkriterien zu formulieren, insbesondere bei besonders komplexen Beschaffungsvorgängen.

Die norwegische Agentur für öffentliche Verwaltung und Finanzmanagement (DFØ) hat daher einen Kriterienleitfaden für Anforderungsspezifikationen und Vertragsbedingungen für Beschaffung und Bauwesen erstellt, der als „Criteria Guide“ auf der Website der DFØ auch auf Englisch verfügbar ist.

Der Kriterienleitfaden basiert auf Untersuchungen in der Bauindustrie und gibt einen guten Hinweis auf die Anforderungen, die von öffentlichen Auftraggebern in Zukunft in Lastenheften und Vertragsbedingungen gestellt werden könnten. Bauunternehmen sind daher gut beraten, sich mit diesem Leitfaden vertraut zu machen.                

Die DFØ geht davon aus, dass die Anforderungen in den Leistungsbeschreibungen tendenziell größere Auswirkungen auf die Umwelt haben als Umweltanforderungen in den Zuschlagskriterien. Es ist daher nicht undenkbar, dass öffentliche Auftraggeber von ihrem Recht Gebrauch machen werden, spezifische Umweltanforderungen in die Leistungsbeschreibung aufzunehmen, anstatt Umweltkriterien als Zuschlagskriterium zu führen.

Entscheidet sich der Auftraggeber hingegen zuerst für die Aufnahme von Umwelt- und Nachhaltigkeitsanforderungen als Zuschlagskriterium, dürften diese in Zukunft stärker gewichtet werden, als es bisher in der Branche üblich war.

Unverändert bleibt, dass auch in Zukunft die anders gewichteten Zuschlagskriterien objektiv und für die jeweilige Bauaufgabe relevant sein. Außerdem dürfen die Zuschlagskriterien die grundlegenden Erwägungen der Gleichbehandlung und Vorhersehbarkeit nicht beeinträchtigen.

Es ist ratsam, sich auf eine verstärkte Verwendung von Umweltanforderungen in allen Phasen des Ausschreibungsverfahrens vorzubereiten.

Wie kann man sich vorbereiten?

Auftragnehmer und solche, die es werden wollen, müssen Klima- und Umweltaspekte als integralen Bestandteil ihrer Wettbewerbsstrategie betrachten. Diejenigen, die nachhaltige Lösungen präsentieren können, werden einen Wettbewerbsvorteil im Ausschreibungsverfahren haben. Dies kann bedeuten, dass sie Zeit und Ressourcen in die Entwicklung innovativer Methoden, Materialien und Technologien investieren müssen – sich solche Investitionen andererseits aber auch noch mehr lohnen dürften.

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die neuen Klima- und Umweltkriterien auch bei der Gestaltung von Bewerbungen und Angeboten berücksichtigt werden. Dazu kann gehören, dass Sie erläutern, wie Ihre Lösungen zu einer Verringerung der Umweltauswirkungen beitragen. In den Ausschreibungsunterlagen sollten Sie auch Ihre Fähigkeit, den neuen Nachhaltigkeitsanforderungen gerecht zu werden, hervorheben.

Sie müssen beispielsweise Umweltvorteile dokumentieren können, wie durch ausführliche Unterlagen über die Wahl der Materialien, die Energieeffizienz dieser und andere Umweltauswirkungen ihres Angebots. Die Fähigkeit, Umweltvorteile zu quantifizieren und zu kommunizieren, wird ein äußerst wichtiger Bestandteil Ihres Angebots sein.

Während die Regeländerungen darauf abzielen, Nachhaltigkeit und Umweltaspekte zu fördern, können sie auch zu einem erhöhten Risiko von Rechtskonflikten führen. Unter anderem könnten die Änderungen den Umfang der Bewertungen erweitern, die in den Ermessensspielraum des öffentlichen Auftraggebers fallen.

Dies kann zu einer größeren Unsicherheit für die Auftragnehmer führen, da es schwierig sein kann, den komparativen Umweltvorteil zu dokumentieren und zu beweisen. Schwierigkeiten bei der Kommunikation dieser Auswirkungen können auch zu Missverständnissen und Konflikten zwischen Auftragnehmern und Auftraggebern führen.

Letztlich müssen auch die in Zukunft anders gewichteten Zuschlagskriterien objektiv und für die jeweilige Bauaufgabe relevant sein. Außerdem dürfen die Zuschlagskriterien die grundlegenden Erwägungen der Gleichbehandlung und Vorhersehbarkeit nicht beeinträchtigen.

Wenn Sie eine rechtliche Bewertung einer Vergabe oder eines Zuschlagskriteriums benötigen, können Sie sich auf Norwegisch oder Englisch an Åshild Fløisand, Leiterin unserer Vergaberechts-Abteilung, wenden. Auch können Sie auf Deutsch an unserem German Desk wenden.

SANDS Green

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